Im Gespräch mit Laura Hänsch zum Umgang mit Falschnachrichten
- Digitalisierung
Mit Informationen umzugehen und sie richtig einzuordnen wird immer wichtiger - gerade in Zeiten von digitalen Medien, Nachrichtenportalen und Messengerdiensten. Wir haben mit unseren Kolleg:innen Laura Hänsch und Matthias Röck vom Projekt Digital mobil im Alter über Informationsflut, Desinformation und Falschnachrichten gesprochen.
In diesem Teil sprechen wir mit Laura Hänsch über Falschnachrichten und wie wir am besten mit ihnen umgehen können.
Wie kann ich sichergehen, dass die Meldungen im Internet und den sozialen Medien richtig sind? Reicht es nicht aus, wenn ein Beitrag von zehntausenden Menschen „geliked“ und geteilt wird?
Dass ein Beitrag von zehntausenden Menschen geliked oder geteilt wird, ist leider definitiv kein Indiz dafür, dass die Nachricht wahr oder richtig ist. Über die Sozialen Medien können sich innerhalb weniger Sekunden Inhalte auch über Ländergrenzen hinweg verbreiten – das hat schon die Corona-Pandemie sehr deutlich gemacht, als allerhand ungesicherte Informationen über das neuartige Virus digital in Windeseile die Runde machten und tausende Menschen verunsicherten. Daher lautet die wichtigste Regel, immer zunächst einmal einen Moment innezuhalten, sich nicht von seinen Emotionen leiten zu lassen und Nachrichten, auf die man im Netz stößt, kritisch, kühl und rational zu hinterfragen, bevor man sie liked, teilt oder weiterleitet.
Wie geht man da am besten vor?
Durch neuartige, auf Künstlicher Intelligenz basierende Technologien (Generative KI) wird es leider immer schwieriger, gefälschte Inhalte (Texte, Bilder, Stimmen) von echten zu unterscheiden. Dennoch gibt es eine Reihe von Fragen, die man sich stellen kann, um eine Nachricht auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Um einzuschätzen, ob eine Nachricht wahr ist oder nicht, lohnt es sich, zunächst einen Blick auf ihren Ursprung zu werfen: Wer ist der Autor oder die Autorin der Nachricht? Handelt es sich bei der Person um eine*n Journalist*in, die weitere Artikel und Inhalte veröffentlicht hat? Hier kann eine kurze Recherche über eine Suchmaschine weiterhelfen. Wenn unklar ist, wer die Nachricht verfasst hat, die Person unbekannt ist oder deutlich wird, dass sie eine extreme politische Haltung vertritt, sollten wir misstrauisch sein. Begegnet uns die Nachricht in Sozialen Netzwerken, können wir uns das Profil oder die Seite, auf der die Nachricht veröffentlicht wurde, genauer ansehen. Oftmals werden gefälschte Profile erstellt, um falsche Inhalte zu verbreiten. Haben diese vermeintlichen Personen nur wenige Follower und wurden erst kürzlich erstellt, kann das ein Hinweis auf einen Fake-Account sein. Auch der Ort der Erscheinung kann Hinweise geben. Einer offiziellen Website von Behörden oder Nachrichtenagenturen kann man in der Regel mehr Glauben schenken als etwa einem Kettenbrief, der uns über einen Messenger erreicht. Auch in geschlossenen Gruppen wie z.B. auf Telegram oder Facebook werden häufig Desinformationen verbreitet. Doch auch Meldungen auf Internetseiten können gefälscht sein. Mitunter werden seriöse Webseiten so nachgebaut, dass die gefälschte Website der echten täuschend ähnlich sieht, und nur durch geringfügige Abweichungen in der URL erkennbar ist.
Handelt es sich bei der Nachricht tatsächlich um Fakten oder um Meinungen? Werden Quellen genannt? Ist der Zusammenhang korrekt wiedergegeben oder wurde eine Meldung aus dem Kontext gerissen? Stellt das Bild auch tatsächlich das dar, worum es im Text geht? Hier kann zum Beispiel die Bilderrückwärtssuche hilfreich sein. Wenn eine Nachricht starke Emotionen in einem hervorruft, sollte man sich immer fragen, ob dies nicht genau die Intention der Verfassenden war.
So etwas kann sicherlich überfordern, besonders wenn man sich noch nicht sicher zurecht findet. Gibt es Stellen die mir bei der Prüfung helfen?
Wenn man sich immer noch unsicher ist, ob es sich bei einer Nachricht um einen Fakt oder einen Fakt handelt, hilft es, zu recherchieren, ob auch andere Quellen, Medien oder Websites über dieses Thema berichten. Besonders hilfreich sind Faktenprüf-Seiten, wie etwa Correctiv oder der ARD-Faktenfinder, die es sich zum Ziel gemacht haben, Desinformationen zu entlarven und darüber aufzuklären. Sie sammeln aktuell kursierende Meldungen, prüfen sie auf ihren Wahrheitsgehalt und legen auch die Quellen und Nachweise ihrer Recherchen offen.
"Digital mobil im Alter” hat eine Reihe hilfreicher Angebote, um Desinformationen auf die Spur zu kommen:
Manchmal fragt man sich, wieso das gemacht wird – warum werden Ihrer Meinung nach Falschnachrichten verbreitet, die sich sogar häufig widersprechen?
Bei Desinformation handelt es sich um eine Strategie der gezielten Manipulation der öffentlichen Meinung. Oft stecken hinter dieser Strategie wirtschaftliche, politische oder ideologische Interessen. So soll die politische Meinungsbildung der Menschen gezielt in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Häufig stehen etwa rechtspopulistische und rechtsextreme Akteure hinter der Verbreitung von Fake News. Ziel ist es, Hass und Angst zu schüren - dafür werden häufig Lügen über bestimmte Personengruppen, insbesondere jüdische und muslimische Mitbürger*innen oder Geflüchtete verbreitet. Aber auch Politiker*innen oder Wissenschaftler*innen werden häufig zur Zielscheibe, was etwa im Zuge der Corona-Pandemie oder beim Thema Klimawandel immer wieder zu beobachten war und ist.
Andere Akteure können autoritäre Staaten oder Geheimdienste sein, die versuchen durch Desinformation die öffentliche Meinung in einem Land zu kontrollieren oder die Demokratien in anderen Ländern zu destabilisieren. In den letzten Jahren hat z.B. die Manipulation durch Fake-Webseiten, die so aussehen wie echte Nachrichtenseiten, insbesondere vor Wahlen stark zugenommen. Die vermeintlichen Nachrichtenseiten werden oft mittels KI generiert und dann in sozialen Medien verbreitet. Auch hier braucht man mittlerweile ein geschultes Auge, denn oft gleichen die Namen und die Aufmachung der Fake-Webseiten seriösen Medienangeboten – sind es aber natürlich nicht.
Falschnachrichten und Meldungen, die Angst schüren sind das eine – was verbirgt sich denn hinter den Verschwörungserzählungen?
Verschwörungserzählungen sind die Annahme, dass hinter bestimmten Vorgängen eine Verschwörung einiger mächtiger Akteure steckt. Oft nutzen Verschwörungserzählungen klare Feindbilder und Schuldzuweisungen. Gerade in Zeiten großer gesellschaftlicher Verunsicherung bieten sie ihren Anhängern vermeintliche Gewissheiten. Sie gehen davon aus, dass hinter allem, was geschieht, ein Plan steckt, alles miteinander verbunden ist und natürlich nichts so ist wie es scheint: Sei es, dass behauptet wird, dass das Corona Virus eine Erfindung war oder die Mondlandung nur inszeniert wurde.
In einer immer komplexer werdenden Welt bieten Verschwörungserzählungen nicht nur ein einfaches, um nicht zu sagen, unterkomplexes Erklärungsmodell, sie bieten ihren Anhängern auch eine Möglichkeit zur Identifikation und Gemeinschaft mit Gleichgesinnten. Wer an Verschwörungserzählungen glaubt, reklamiert die Einsicht in die “wahren” Zusammenhänge für sich und hebt sich damit von der “blinden” Masse ab. Sie sehen, der Glaube an Verschwörungstheorien kann für manche Menschen auch sehr attraktiv sein.
In diesem Zusammenhang hört man häufig den Messenger Telegram.
Gerade in sozialen Medien und Messengern (insbesondere Telegram) werden häufig Bilder, Videos und Links geteilt, die Verschwörungserzählungen nähren. Manchmal erreichen einen Verschwörungserzählungen aber auch in Form von Kettenbriefen, als WhatsApp- oder Telegram-Nachricht, die von den eigenen Kontakten einfach weitergeleitet wurde. Hier kommt es darauf an, die Nachrichten auf ihre Richtigkeit zu prüfen, die Quellen zu hinterfragen und diese nicht einfach weiterzuleiten. Am besten man macht auch den Kontakt, von dem man die Nachricht erhalten hat, darauf aufmerksam, um eine Weiterverbreitung zu verhindern.
Was raten Sie Menschen, die das Gefühl haben, dass jemand aus der Familie oder dem Bekanntenkreis Personen Glauben schenkt, die offensichtlich Lügen verbreitet?
Ein Geheimrezept, wie man sich in solch einer Situation verhält, gibt es leider nicht. Grundsätzlich gilt aber: das Gespräch mit der Person suchen, dabei ruhig und respektvoll bleiben und auf Augenhöhe versuchen, die Informationen zu hinterfragen. Es kann helfen, im Gespräch einfache Fragen zu stellen, wie “Warum glaubst du, dass ...? Welche Anhaltspunkte gibt es dafür? Könnte es nicht auch sein, dass ...? Welche Motive könnten hinter der Verbreitung einer solchen Meldung stehen?”
Wenn man sich in der Thematik sattelfest und gewappnet fühlt, kann man auch versuchen sachlich zu argumentieren und die Desinformation mit Verweis auf Studien oder Belege zu entkräften. Wenn man in der Auseinandersetzung nicht mehr weiterkommt, kann es hilfreich sein, auf Artikel und Quellen zu verweisen. Insbesondere Faktencheck-Seiten wie Correctiv können hier eine gute Anlaufstelle darstellen, da sie Desinformationen detailliert und Schritt für Schritt enttarnen und Nachweise und Quellen anführen.
Nichtsdestotrotz muss uns bewusst sein, dass es nicht immer gelingt, Personen, die Desinformationen glauben, vom Gegenteil zu überzeugen. Gerade Anhänger von Verschwörungserzählungen wollen ihre Ansichtsweisen meist nicht ändern und sind überzeugt, dass jedes Gegenargument auch nur einen Teil der Verschwörung darstellen. Hier sollte jeder für sich selbst entscheiden, wie tief man in eine Diskussion einsteigen und wie viel Zeit und Energie man in die Auseinandersetzung investieren möchte. Es ist auch in Ordnung, zu sagen, dass man anderer Meinung ist und das Gespräch zu beenden, wenn man merkt, dass es nicht zielführend ist. Gute Tipps gibt es auch bei der Amadeu Antonio Stiftung, der Veritas Beratung, dem SWR oder BR.
Weiterführende Informationen und Links
Weitere gute Tipps zum Umgang mit Personen, die Verschwörungserzählungen glauben, gibt es auch hier:
Erster Teil des Interviews
Im ersten Teil des Interviews geht es um Desinformation und Demokratie. Das Interview wurde gemeinsam mit Laura Hänsch und Matthias Röck von Digital mobil im Alter geführt.
Digital Mobil im Alter
Digital Mobil im Alter ist ein Projekt von O₂ Telefónica und der Stiftung Digitale Chancen.