Im Gespräch mit Aniane Emde: Wie vermittelt man Sicherheit im Netz?
Teil 2
Digitale Angebote und ihre Chancen souverän und sorgenfrei zu nutzen und damit gesellschaftlich teilhaben zu können – das ist der Wunsch vieler älterer Menschen und dafür setzt sich der DigitalPakt Alter ein.
Doch wie kann man Ängste und Unsicherheiten bei der Nutzung des Internets abbauen – und sich gleichzeitig vor Cyberkriminalität schützen?
Wir sprechen mit Aniane Emde, Kriminalbeamtin und Beraterin in der Cybercrimeprävention des Polizeipräsidiums Nordhessen
Das Thema Sicherheit im Internet kann für viele Menschen sehr verunsichernd sein, besonders wenn man gerade erst entschieden hat, sich damit zu beschäftigen. Wie gelingt es Ihnen, in Ihren Schulungen hilfreiche Sicherheitstipps zu vermitteln, ohne dabei Ängste vor Cyberkriminalität zu schüren?
Meine Erfahrung zeigt, dass insbesondere das Unbekannte die Ängste schürt. Das fängt schon bei einer ganzen Reihe von Kunstwörtern an: Ohne Erläuterung fällt es schwer, Begriffe wie Phishing, Smishing, Vishing oder Quishing einzuordnen. Mit der entsprechenden Erläuterung fällt das schon wesentlich einfacher:
Phishing ist ein Kunstwort aus Password und Fishing: Das Angeln nach sensiblen Daten. In vielen Fällen nutzen die Täter dazu die E-Mail.
Bei Smishing versenden die Täter die Nachricht über SMS oder einen Messenger, daher ist das Kunstwort eine Zusammensetzung aus SMS und Phishing.
Bei Vishing besteht die Kombination aus dem englischen Wort Voice für Stimme und Phishing. Gemeint sind damit betrügerische Anrufe, z.B. als vermeintlicher Bankberater, um an die Online-Banking-Daten zu kommen.
Zunehmend werden auch QR-Codes betrügerisch verwendet, so dass das neue Kunstwort Quishing – also QR-Code und Phishing - entstand.
Durch entsprechende Beispiele in den Vorträgen kann ich den Aufbau der Maschen zeigen. Dieses Wissen stärkt die Teilnehmenden und senkt in der Regel die Ängste.
Wie sieht es beim Thema Online-Banking aus? Gerade wenn es um Geld geht, wollen viele auf der sicheren Seite sein.
Beim Thema Online-Banking hat sich gezeigt, dass das Wissen um die Betrugsmaschen nicht reicht. Hier wurde wiederkehrend der Bedarf gemeldet, dass es zusätzlicher Handlungskompetenzen bedarf. In Kassel konnte mit mehreren Akteuren eine Schulungsreihe für Seniorinnen und Senioren angeboten werden. Da war es z.B. möglich, die Funktionen des Online-Bankings in einem Demo-Account zu testen. Die Schulungen wurden dabei von Senioren für Senioren durchgeführt.
Welche Rolle spielen Angehörige und Multiplikatoren in der Seniorenarbeit und wie können diese dazu beitragen, das digitale Sicherheitsbewusstsein zu stärken?
Für die Bürgerinnen und Bürger ist es wichtig, „ihre“ Kontakte für den Bereich der Digitalkompetenzen zu haben. Daher spielen Angehörige, die im Bedarfsfall unterstützen können, eine große Rolle. Als weitere „Ankerpunkte“ sehe ich aber auch Angebote bei Kommunen, Kirchen, etc. Daher ist mir die Zusammenarbeit mit Bundes- und Landesprojekten in diesem Bereich sehr wichtig. In Hessen haben wir z.B. das Landesprogramm der Di@-Lotsen. Hier war ich schon bei vielen Standorten in meinem Zuständigkeitsbereich als Gastreferentin eingeladen. Ich bin aber auch in Austausch mit den Bundesprojekten Digital-Kompass, Digitaler Engel, Digitalführerschein und natürlich auch mit dem DigitalPakt Alter.
Erzählen Ihnen Teilnehmende auch, dass sie durch Ihre Schulung nicht auf Betrugsmaschen reingefallen sind?
Im Hinblick auf unseriöse Internetshops - also sogenannte Fake-Shops – habe ich mehrfach die Rückmeldung erhalten, dass die Tipps vor einem Betrug bewahrt haben. Hier wird beispielsweise häufig der Fakeshop-Finder der Verbraucherzentrale genutzt.
Fakeshop-Finder der Verbraucherzentrale
Bei den Veranstaltungen zeigen mir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr oft, was sie an „merkwürdigen Mitteilungen“ erhalten haben. In vielen Fällen sind es bekannte Betrugsmaschen. Die Bürgerinnen und Bürger haben oftmals richtig reagiert, indem sie nicht reagiert haben, sind aber trotzdem verunsichert.
Wie sollte man sich denn verhalten, wenn man unsicher ist? Welche vertrauenswürdigen Informationsquellen oder Beratungsstellen empfehlen Sie älteren Menschen, falls sie online auf verdächtige Aktivitäten stoßen?
Polizei
Für den Bereich der Verkehrs- und Kriminalprävention gibt es die Seite www.polizei-beratung.de. Dort wird zu allen Bereichen entsprechend sensibilisiert. Die Kollegen aus Niedersachen haben eine tolle Seite mit dem Ratgeber Internetkriminalität (www.polizei-praevention.de). Dorthin kann man auch verdächtige E-Mails senden. Für die Beratung stehen auch in den anderen Bundesländern Kolleginnen und Kollegen in der Prävention zur Verfügung.
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik bietet einen umfangreichen Service mit Beiträgen, Publikationen und Videos. Und auch die Verbraucherzentralen haben tolle Angebote. Hier möchte ich z.B. den Phishing-Radar erwähnen. Gemeldete Phishing-Mails werden dort ebenfalls veröffentlicht.
Phishingradar der Verbraucherzentrale
Bundes- und Landesprojekte
Die Angebote der geförderten Bundes- und Landesprojekte darf ich ebenfalls empfehlen, z.B. die tolle Materialfundgrube vom Digital-Kompass, die Angebote des Digitalen Engel, den Digitalführerschein und natürlich auch das Material vom Digitalpakt Alter. Bei vielen Bundes- und Landesprojekten sind zudem die Ehrenamtlichen geschult und können bei einer Einschätzung des Sachverhaltes helfen. Im Schadensfall empfehle ich die Erstattung einer Strafanzeige.
Zum Abschluss: Welchen Rat geben Sie Seniorinnen und Senioren mit auf den Weg, um auch im digitalen Alltag sicher und selbstbewusst zu werden?
Neugierig bleiben und keine Scheu davor zu haben, Fragen zu stellen. Die Angebote in der eigenen Stadt bzw. im Quartier unverbindlich testen. Insbesondere auch der Erfahrungsaustausch mit anderen Seniorinnen und Senioren ist sehr wichtig und hilfreich.