Thema

Gesundheit und Pflege

Gesundheit: Neue Wege der Versorgung

Im Bereich der gesundheitlichen Versorgung älterer Menschen ergeben sich durch die Digitalisierung vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Das sehr heterogene Spektrum umfasst E-Health-Angebote (für Electronic Health) wie die elektronische Patientenakte, digitale Informationssysteme für Patientinnen oder Patienten oder virtuelle Arztbesuche, die den Zugang zu medizinischer Versorgung erleichtern können. Auch die Kommunikation innerhalb der Ärzteschaft kann durch den Einsatz digitaler Technologien verbessert werden. M-Health-Anwendungen (für Mobile Health), wie Fitness-Armbändern oder Serious Games (digitale Lernspiele), können zur Erhaltung und Förderung der Autonomie und Lebensqualität dienen. Die Nutzung von Monitoring-Apps kann bei chronisch erkrankten Personen das Selbstmanagement verbessern und die Häufigkeit von Krankenhausaufenthalten senken.

Zudem tragen digitale Gesundheitstechnologien dazu bei, dass Patientinnen und Patienten an der Diagnostik, Behandlung und Symptomkontrolle stärker beteiligt werden. Eine stärkere Patientenorientierung ist damit verbunden, dass ärztliche Kompetenzen teilweise an die Patientinnen und Patienten abgegeben werden.

Der Nutzen und die Akzeptanz von digitalen Gesundheitstechnologien hängen stark davon ab, ob die älteren Nutzerinnen und Nutzer die digitalen Technologien kompetent bedienen können und in welchem Maße bei ihnen grundlegende Gesundheitskompetenzen vorhanden sind. Empirische Studien zeigen, dass ältere Menschen digitale Gesundheitsangebote weniger nutzen, wenn sie die eigene Kompetenz im Umgang mit digitalen Technologien als gering einschätzen. Auch der erwartete Nutzen von digitalen Anwendungen sowie der erwartete Aufwand bei der Nutzung sind wichtige Einflussfaktoren für die Akzeptanz digitaler Gesundheitstechnologien und Dienstleistungen im Gesundheitswesen. Dementsprechend sollten die Gestaltung und die Einführung digitaler Gesundheitstechnologien den verschiedenen Bedarfen und Anforderungen älterer Menschen gerecht werden. E-Health-Anwendungen sollten leicht zugänglich und bedienbar sein, die Datenübertragung sollte sicher, vertrauenswürdig und verlässlich sein.

Generell ist allerdings die wissenschaftliche Befundlage zur Akzeptanz von digitalen Gesundheitstechnologien wie auch zu ihrem Nutzen und ihren Risiken bislang lückenhaft und heterogen. Existierende Forschungsarbeiten beispielsweise zu E-Health-Angeboten legen in der Regel einen Schwerpunkt auf spezifische Krankheitsbilder (wie etwa Diabetes oder Herzinsuffizienz) oder spezifische Interventionsstrategien (zum Beispiel Monitoring oder Kurznachrichten). Selten wird in den vorliegenden Untersuchungen nach dem Lebensalter der Patientinnen und Patienten differenziert. Da die ärztliche Berufsordnung in Deutschland erst seit einem Jahr exklusiv telemedizinische Behandlung ohne zwingende Notwendigkeit erlaubt, ist es nicht sonderlich überraschend, dass der Bestand an wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Akzeptanz, den Nutzen und die Wirkung des Einsatzes digitaler Technologien in der gesundheitlichen Versorgung bislang eher klein ist. In Zukunft sollten Forschungstätigkeiten in diesem Bereich jedoch dringend ausgebaut werden.

Pflege: Unterstützen, nicht ersetzen

Die Pflege steht wegen des demografischen und sozialen Wandels vor großen Herausforderungen. Es gibt einen zunehmenden Mangel an ausgebildeten Fachkräften, zudem sind informelle Unterstützung und Pflege durch Angehörige für die Familien immer schwieriger zu organisieren. Es wird deshalb immer dringlicher, neue Konzepte für die pflegerische Versorgung zu entwickeln und zu erproben. In diesem Zusammenhang wird vermehrt auf den Einsatz digitaler Technologien gesetzt. Die Erwartungen an digitale Technologien, die pflegerische Versorgung wesentlich zu verbessern, sind groß. Es wird angenommen, dass digitale Technologien Akteurinnen und Akteure der Pflege entlasten und unterstützen sowie die Vernetzung und Informationsflüsse in pflegerischen Versorgungsnetzwerken verbessern können. Die Hoffnungen auf positive Effekte digitaler Technologien erstrecken sich auf alle Kontexte der Pflege: erstens die Selbstpflege sowie die informelle Pflege und Unterstützung durch Angehörige, zweitens die professionelle ambulante Pflege in der häuslichen Umgebung und drittens die professionelle Pflege in stationären Einrichtungen.

Nicht nur ältere Patientinnen und Patienten können von digitalen Gesundheitstechnologien profitieren, auch für pflegende Angehörige lassen sich positive Effekte digitaler Technologien beobachten, beispielsweise beim Einsatz digital vermittelter psychosozialer Unterstützungsangebote. Verschiedene Untersuchungen lassen vermuten, dass digitale Informations- und Kommunikationstechnologien die mit der Pflege verbundenen Belastungen mildern und soziale Unterstützung fördern können. Mithilfe digitaler Technologien können Hürden beim Zugang zu Entlastungsangeboten für pflegende Angehörige, die etwa durch hohe Kosten oder großen logistischen Aufwand entstehen, abgebaut werden.

Für alle Bereiche der professionellen Pflege sind derzeit vor allem Systeme für den administrativen und organisatorischen Teil der Pflegearbeit interessant. Für die Dienstplanung, die Dokumentation der Pflegearbeit und die Abrechnung werden von vielen Pflegediensten und in vielen stationären Einrichtungen mobile Endgeräte und spezialisierte Software genutzt. Bei ambulanten Pflegediensten sind hier außerdem digitale Möglichkeiten der Tourenplanung zu nennen. Digitale Technologien zur Unterstützung der direkten Pflegearbeit (etwa Systeme der Tele-Pflege, Emotionsroboter oder Serviceroboter) sind in der Praxis der ambulanten pflegerischen Versorgung im häuslichen Umfeld bislang kaum verbreitet.

In der langzeitstationären Pflege kommen Technologien zur Sturz- und Dekubitusprophylaxe, im Zusammenhang mit Inkontinenz sowie zur Erfassung des Aufenthaltsorts und der Mobilität von Pflegebedürftigen zum Einsatz. Auch elektronisch verstellbare Betten, elektronische Aufsteh- und Tragehilfen, Sensormatten mit Alarmfunktion und Geräte zur digitalen Vitalzeichenmessung sind auf dem Markt. In immer mehr stationären Einrichtungen werden verschiedene Geräte und Anwendungen der Unterhaltungselektronik zur Gestaltung der Freizeit zur Verfügung gestellt. Systeme zur Gewährleistung von Sicherheit in der häuslichen Umgebung (vor allem der Hausnotruf) sowie Anwendungen zur Verwaltung, Dokumentation und Organisation der professionellen Pflegearbeit haben sich in Deutschland breit etabliert.

Angesichts der Möglichkeiten, die digitale Technologien in der Pflege bieten, und vor dem Hintergrund der großen Erwartungen, die an sie gerichtet sind, ist der Verbreitungsgrad digitaler Technologien in der Pflege jedoch insgesamt als gering einzuschätzen. Digitale Technologien, die die direkte Pflege unterstützen, sind in der Praxis kaum zu finden, weder im ambulanten noch im stationären Bereich. In der Bevölkerung ist die Akzeptanz für digitale Technologien in der Pflege grundsätzlich hoch, auch wenn es Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, der Datensicherheit und ethischer Fragen gibt. Immer mehr pflegebedürftige Menschen, ihre Angehörigen sowie jüngere Generationen von Fachkräften in der professionellen Pflege halten den Einsatz digitaler Technologien auch in der Pflege für vorstellbar. Es sind also einige Voraussetzungen dafür gegeben, mit einer Gesamtstrategie zur Verbesserung der Lebens- und Pflegequalität in der häuslichen und in der langzeitstationären Pflege den Einsatz digitaler Technologien in der Pflege stärker zu verankern. Alle Bemühungen, die vermuteten Potenziale digitaler Technologien in der Pflege weiter auszuschöpfen, sollten jedoch sicherstellen, dass der Einsatz digitaler Technik nicht vorrangig ökonomisch motiviert ist und dass die Technik die personengebundene Pflegearbeit nicht ersetzt, sondern sie unterstützt und ergänzt.

Dieser Text basiert auf der Publikation Ältere Menschen und Digitalisierung. Erkenntnisse und Empfehlungen des Achten Altersberichts des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Ausführlichere Informationen finden Sie im Achten Altersbericht: Achter Altersbericht. Ältere Menschen und Digitalisierung